«Wir wollten einen Schritt weiter gehen»
Digitale Aussenwerbung nimmt einen zunehmend wichtigen Stellenwert im Media-Mix ein. Die WEMF reagiert auf diese Marktentwicklungen und zertifiziert ab Januar 2020 Digital-Out-of-Home-(DOOH-)Kampagnen. Die Clear Channel Schweiz AG hat das neue Angebot getestet und sich in die Entwicklung der Zertifizierung eingebracht. CEO Christoph Marty erklärt Corinne Gurtner, Director of Corporate Communications WEMF, im Interview, was er sich vom neuen Audit verspricht, welche KPIs ihm noch fehlen und auf welche Trends und Entwicklungen sich die Kommunikationsbranche im Bereich der DOOH-Werbung einzustellen hat.
Guten Tag Herr Marty, im Bereich der Online-Werbung ist fehlende Transparenz ein oft diskutiertes Thema. Wie gross schätzen Sie dieses Problem im Bereich der digitalen Aussenwerbung ein?
Digital Out-of-Home kann aus verschiedenen Gründen nicht mit Online-Werbung verglichen werden. So sind beispielsweise «Ad Fraud» und «Brand Safety» absolut kein Thema. Seit SPR+ die Werte von digitaler Aussenwerbung im Vergleich zu analogen Plakaten publiziert, gibt es sehr viel Transparenz, was DOOH anbetrifft. Weil DOOH schnell und stetig wächst, wollten wir aber einen Schritt weiter gehen und die effektive Ausspielung von digitaler Werbung auf den Screens auditieren lassen. Dies entspricht einem Bedürfnis des Marktes und wird durch programmatische Buchungsmöglichkeiten noch wichtiger.
Die WEMF lanciert im Januar 2020 ein Digital Out-of-Home-Audit. Sie werden diese Dienstleistung als erster Vermarkter Ihren Kunden anbieten. Welche Vorteile versprechen Sie sich davon?
Wir sind überzeugt, dass DOOH auch dieses Jahr und bis 2025 stark wachsen wird. Je mehr Budget in diese noch junge Kategorie fliesst, desto grösser wird der Bedarf nach noch verlässlicheren Zahlen. Mit dem nun lancierten Audit schliesst die WEMF die Lücke zwischen der bestätigten Offerte, den Tools der Anbieter und der Ausspielung der Werbung. Die WEMF erhält online via Plattform den direkten Zugriff auf die «versprochenen» Play-outs und ergänzt dies durch Feldkontrollen an den Screens.
Sie haben das neue Angebot bereits im Rahmen einer Betaphase geprüft. Was überzeugt Sie und worin kann das Produkt noch verbessert werden?
Das Produkt funktioniert einwandfrei und die Schnittstellen ebenfalls. Was wir noch verbessern möchten, sind der Zugriff der Kunden direkt auf die Reports in Form eines Dashboards und die Rückspielung zu unseren Systemen.
Glauben Sie, dass weitere Vermarkter am Audit teilnehmen werden und dass die Zertifizierung auf dem Schweizer Markt zum Standard werden wird?
Das hoffen wir, denn es macht durchaus Sinn, für die Gattung DOOH einen weiteren Standard anbieten zu können.
Von den CHF 460 Mio., die schweizweit in die Aussenwerbung investiert werden, fallen 13% auf digitale Kampagnen. Auf das analoge Plakat fallen mit 71% deutlich mehr (Quelle: Werbestatistik 2019). Wieso setzen noch so viele Werbeauftraggeber auf klassische, gedruckte Plakatwerbung?
Weil es als «letztes Massenmedium» bei einer breiten, tendenziell jungen und mobilen Zielgruppe extrem schnell Reichweite aufbaut. Zudem gewinnt Plakat durch die Mobilität laufend an Reichweite. Diese Werbeform stört den Konsumenten nicht. Und DOOH ist noch nicht flächendeckend erhältlich – das dürfte sich jedoch in den nächsten zwei Jahren sicher ändern.
Auf welche Entwicklungen im Bereich der DOOH-Werbung darf sich die Branche einstellen?
Die Verbindung von digital und Plakat ist extrem überzeugend: Flexibilität in Bezug auf Tageszeit, Umfeld/Wetter und innerhalb der Woche bietet den Werbetreibenden ein neues Spielfeld mit 100% Brand Safety – und ich bin überzeugt, dass 2020 DOOH in der Schweiz programmatisch buchbar wird und die Daten damit für die digitale Aussenwerbung noch mehr Gewicht erhalten. Ich glaube auch, dass DOOH als eigener Medienvektor im Media-Mix eingesetzt werden wird, wenn die Kreativität und die Flexibilität mit der entsprechenden Reichweite unterlegt werden.
Welche Herausforderungen kommen damit auf die Medienforschung zu?
Die Ausspielung bzw. die Wirkung der verschiedenen Spots auf Stundenbasis im One-to-many-Bereich messbar zu machen und dem Fakt Rechnung zu tragen, dass die Frequenzen mit (D)OOH im Wochenverlauf, im Jahresverlauf und eventbezogen sehr unterschiedlich sein können.
Zurück in die Aktualität: Welche Kennzahlen fehlen heute noch, die Ihre Arbeit erleichtern würden?
Die Datengrundlagen für echte programmatische Angebote auf breiter Basis.
Bald ist Weihnachten: Wenn Sie frei wählen könnten, was wünschten Sie sich von der WEMF?
Eine Wirkungsforschung der verschiedenen Medien in Kombination – insbesondere (D)OOH und Online/E-Commerce.
Vielen Dank für Ihre spannenden Ausführungen und Inputs.
Zur Person
Christoph Marty ist seit 2016 CEO der Clear Channel Schweiz AG und Mitglied des European Boards der Clear Channel-Gruppe. Zuvor war der Manager mit langjähriger Marketing- und Verkaufserfahrung CEO Schweiz der Publicitas AG sowie in verschiedenen leitenden Positionen bei der AZ Medien AG und der TA-Media AG tätig.