«Die agile Mediaplanung hat enorm an Wichtigkeit gewonnen»
Die WEMF publizierte ihre etablierte Intermediastudie MA Strategy dieses Jahr mit einigen Neuerungen. Valérie André, Head of Media Strategy bei der Webrepublic AG, nimmt diese im Interview mit Corinne Gurtner, WEMF Director of Corporate Communications, unter die Lupe. Darüber hinaus reflektiert sie das Jahr 2021 aus dem Blickwinkel der Mediaagenturen und wagt eine Prognose für die Zukunft.
Guten Tag Frau André, das Jahr neigt sich bald dem Ende zu. Welche Ereignisse der letzten zwölf Monate waren für die Mediabranche besonders weichenstellend?
Es sind viel weniger konkrete Ereignisse als die durch die Pandemie ständig wechselnden Gegebenheiten. Deswegen hat uns das Jahr gezeigt, dass eine agile und flexible Arbeitsweise auch in der Mediabranche zentral ist. Ein Beispiel: Es ist so wichtig wie noch nie zuvor, sich tagtäglich mit den aktuellen Ausgangslagen zu Pendlerströmen etc. auseinanderzusetzen – und die Strategien und Mediaplanungen entsprechend anzupassen.
Seit 2021 weist die etablierte Intermediastudie MA Strategy neu Daten zur Nutzung von Social-Media-Kanälen aus. Welche Erkenntnisse haben Sie bereits aus den Zahlen gewonnen?
Die Wichtigkeit der neu integrierten Zahlen liegt nicht nur in den gewonnenen Erkenntnissen pro Analyse, sondern vor allem darin, dass Social Media als Kanal überhaupt vertreten ist. Die wahrgenommene Mediennutzung weicht oft von der tatsächlichen ab. Deshalb ist unsere Aufgabe als Mediaagentur, dem Kunden ein datenbasiertes Bild über die aktuelle Nutzung der Social-Media-Plattformen zu geben. Dieses beruht auf einer Kombination von intern gesammelten Erfahrungswerten, Auswertungen innerhalb der MA Strategy sowie auf Informationen von den Plattformen selbst.
Wie unterscheidet sich die Planung von Social-Media-Kanälen von derjenigen anderer Mediagattungen?
Bevor wir auf die Unterschiede eingehen, möchte ich zuerst die Gemeinsamkeiten herausstreichen: Wie bei anderen Kanälen gilt es auch bei Social Media zu prüfen, welche Plattformen die höchsten Reichweiten und Affinitäten innerhalb der definierten Zielgruppe aufweisen. Die Häufigkeit und der jeweilige Kontext der Nutzung spielen bei Social Media ebenfalls eine wichtige Rolle. So haben beispielsweise viele Personen noch einen Facebook-Account, jedoch nutzen sie diesen weniger häufig als ihren Instagram-Account. Hier liegt dann auch der Unterschied in der Planung: Bei den Facebook-Plattformen beispielsweise setzen wir ein Gesamtbudget ein und der Algorithmus entscheidet automatisch über die Ausspielung dort, wo sich die definierte Zielgruppe aufhält. Diese automatisierte Aussteuerung und Optimierung gepaart mit der Möglichkeit eines spezifischen Targetings heben sich von der Planung der klassischen Kanäle ab. Dies natürlich nicht nur im Bereich Social Media, sondern allgemein bei den digitalen Kanälen.
Inwiefern helfen die neuen MA Strategy-Daten, diese Herausforderungen zu bewältigen?
Die neuen Zahlen geben uns einen zusätzlichen Einblick in die Nutzung der Social-Media-Plattformen. Besonders wertvoll ist, dass wir die Reichweitendaten neu mit unseren definierten Mediazielgruppen kombinieren können und Inter- und Intramediavergleiche auf Ebene der Plattformen möglich sind. Dadurch können wir einen 360°-Blickwinkel sicherstellen und Analysen über die gesamte Customer Journey durchführen.
Die MA Strategy enthält seit jeher neben Informationen zur Mediennutzung unzählige Konsummerkmale. Neu sind diese auch direkt für Schweizer Webangebote auswertbar. Nutzen Sie damit die Studie noch intensiver?
Wir legen bei Webrepublic viel Wert darauf, unsere Strategien sowie die darin enthaltenen Massnahmen und Plattformen qualitativ und quantitativ mit Zahlen zu begründen. Deshalb werden wir auch die neu zur Verfügung stehenden Daten zu den Webangeboten intensiv nutzen.
Mit der Ausweisung des engeren Public-Transport-Nutzerkreises von Livesystems wurden ausserdem die Informationen zur Gattung der Verkehrsmittelwerbung ausgebaut. Welchen Stellenwert schreiben Sie der Gattung der Verkehrsmittelwerbung im Mediamix zu?
Der Bereich der Verkehrsmittelwerbung weitet sich immer mehr aus und es gibt neue, attraktive Werbeformen. Bis anhin war diese Gattung in der MA Strategy sehr knapp vertreten, dennoch konnten wir mit den bisher vorhandenen Daten bei vielen Zielgruppen eine hohe Affinität zu diesem Kanal feststellen. Umso wichtiger ist es für uns, dass auch diese Gattung nun detaillierter aufgeführt ist, um noch spezifischer auf die Zielgruppe einzugehen.
Welche Entwicklungen und Trends in der Mediaplanung, im -einkauf und in der -strategie erkennen Sie? Werden wir in zehn Jahren noch über die gleichen KPIs debattieren?
Das ganze Thema rund um eine agile Mediaplanung hat enorm an Wichtigkeit gewonnen. Wir sprechen bei Webrepublic auch von Media Spend Optimization. Das heisst, wir müssen das Gesamtbudget nicht nur vor, sondern auch während der Kampagne stets hinterfragen und wenn nötig Optimierungen vornehmen. Diese können nicht nur intramedial sondern auch intermedial sein. Die flexible Verteilung der Budgets sowohl in den digitalen wie auch in den klassischen Medien ist unabdingbar.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Als Beispiel lässt sich der Bereich Digital-Out-of-Home nennen, wo wir auf Tagesbasis auf aktuelle Gegebenheiten reagieren können. Ich gehe stark davon aus, dass sich die agile Planung in den nächsten Jahren weiter intensivieren wird. Natürlich sind wir auch gespannt, wie sich die Digitalisierung weiterentwickelt. Durch Covid-19 musste sich die gesamte Schweizer Bevölkerung den digitalen Kanälen annähern. Die Mediennutzung wird sich die nächsten Jahren weiter in diese Richtung bewegen. Wichtig ist für uns als Agentur, dies laufend zu analysieren und daraus unsere Schlüsse für 360°-Strategien zu ziehen.
Welche Kennzahlen fehlen heute noch, die Ihre Arbeit erleichtern würden?
Um noch detailliertere Reichweitenangaben zu erhalten, wäre es spannend, verfügbare Targeting Möglichkeiten in der MA Strategy zu integrieren. Als Beispiel lässt sich Radio nennen, wo wir unter anderem mit Wetter- oder Zeit Targetings arbeiten. Durch die noch zielgenauere Ansprache verringert sich das Zielgruppenpotenzial und die Reichweite, was wiederum die Effizienz der Mediaplanung steigert. Zum jetzigen Zeitpunkt kann dieser Zusammenhang in der Studie noch nicht ausreichend mit Zahlen belegt werden.
Wie sollte sich die WEMF Ihrer Meinung nach positionieren, um zukunftsfähig zu bleiben?
Die WEMF macht bereits vieles sehr gut. Aus meiner Sicht und natürlich auch aus Sicht der führenden Digitalagentur der Schweiz bleibt es wichtig, dass die Vertiefung in den digitalen Bereich stattfindet und weiterentwickelt wird. Wir freuen uns auf weitere, spannende Umsetzungen der WEMF.
Vielen Dank für Ihre spannenden Ausführungen und Inputs.
Zur Person
Valérie André ist bei Webrepublic als Head of Media Strategy zusammen mit ihrem Team zuständig für die Erarbeitung, Betreuung und Umsetzung von 360° Mediastrategien. Dabei bringt sie bereits viele Jahre Erfahrung aus der Mediabranche mit und engagiert sich für die stetige Weiterentwicklung unter anderem durch ihr Mandat innerhalb der WEMF User Commission.